Gestalttherapie

Die Gestalttherapie ist ein Psychotherapieverfahren, aus dem Bereich der Humanistischen Psychologie.

Sie wurde 1951 als neuer psychotherapeutischer Ansatz von dem Arzt und ursprünglich Psychoanalytiker Fritz Perls (1893-1970), seiner Frau Lore Perls und dem Soziologen Paul Goodman auf der Basis der Gestaltpsychologie begründet.

Durch Einbeziehung neuer Forschungsergebnisse hat sich die Gestalttherapie seither ständig weiter entwickelt.

Eine der häufigsten Fragen, die mir zur Gestalttherapie gestellt wird, ist, ob in der Therapie Dinge hergestellt oder künstlerisch gestaltet werden. Der Begriff Gestalttherapie hat nicht mit handwerklicher Herstellung von Gegenständen oder künstlerischer Auseinandersetzung mit Materialien zu tun.

Der Begriff „Gestalt“ beschreibt vielmehr, dass wir Menschen mit uns in einer inneren Balance sind, wenn wir erleben, dass unser Leben „eine runde Sache ist“ – der Fachbegriff dafür ist „eine geschlossene Gestalt“. Sind wir im Ungleichgewicht, unzufrieden, in unseren Lebensimpulsen gebremst, entsteht eine „offene Gestalt“, die wir als „offene Sache“ erleben und die wir wieder schließen möchten, um in ein neues inneres Gleichgewicht zu kommen.

Wie wir Menschen uns in Kontakt mit uns selber und der Welt erleben, wie wir fühlen, denken und handeln, kann von jedem Menschen verschieden ausgedrückt werden.

Für diesen Ausdruck biete ich je nach Thematik kreative Möglichkeiten an: mit einer Staffelei und Farben, Holzfiguren mit denen Beziehungskonstellationen aufgestellt werden können, Holztieren, die Fähigkeiten oder Gefühle symbolisieren können und Musikinstrumente, die archaische Klänge erzeugen.

In diesem Sinne hat meine Psychotherapeutische Arbeit viel mit Aufmerksamkeit für die Individualität meiner Klient*innen und ihre jeweils ganz eigenen kreativen Ausdrucksmöglichkeiten zu tun.

Die Übernahme von Verantwortung für das eigene Leben heute, für die eigenen Erfahrungen und Handlungen hier und jetzt, ist ein zentraler Gedanke der Gestalttherapie. Das bedeutet, dass ein erwachsener Mensch nicht seine Erfahrungen der eigenen Kindheit als Ursache dafür annehmen kann, dass sie oder er heute unzufrieden oder unglücklich ist. Kindheitserfahrungen haben möglicherweise einen Einfluss darauf, wie ein Mensch heute sieht, fühlt, denkt und handelt. Jeder erwachsene Mensch hat jedoch die Chance und die Aufgabe eigene, aktuelle Antworten auf seine jetzige Lebenssituation zu geben. Die Übernahme von Verantwortung für sich selber kann somit von möglicherweise noch heute als belastend erlebten Kindheitserfahrungen befreien. Frühere Erfahrungen können im Leben heute eine andere Bedeutung haben oder bekommen, als sie in der Vergangenheit hatten. Der Weg zu sich selber kann eine weitere oder sogar neue Art zu sehen, zu fühlen, zu denken und zu handeln beinhalten.

Erfahrungen sind eine Einheit, in die der ganze Mensch mit seinem Körper, seinen Sinnen, seinen Gefühlen und seinem Geist involviert ist. Erfahrungen finden in der Gegenwart (Hier und Jetzt) statt. Bewusste Erfahrungen in der Gegenwart, von dem was ist, sind Voraussetzungen für wirklichen Kontakt mit sich und anderen Menschen.
Wirklicher Kontakt zu anderen Menschen ist wiederum eine wichtige Voraussetzung für persönliches Wachstum und menschliche Veränderungsprozesse.

Fritz Perls hat das Wesen der Gestalttherapie mit den Worten „Ich und Du – Hier und Jetzt“ („I and Thou – Here and Now“) plakativ charakterisiert. Damit betont er die reale Beziehung zwischen TherapeutIn und KlientIn und stellt die Erfahrungen des Menschen in Beziehung zu sich und anderen in den Mittelpunkt. Fritz Perls unterstützte in seiner Arbeit den Prozess der eigenen Selbst- und Sinnfindung der KlientInnen, anstelle von festgelegten Interpretationen des Therapeuten. Sein Verständnis von Psychotherapie brachte er auch in der Veränderung der therapeutischen Situation zum Ausdruck: er setzte sich seinen KlientInnen gegenüber. Damit hob er das damalige psychoanalytische setting auf, bei dem der Therapeut am Kopfende hinter der Couch des liegenden Klienten saß.

Der Name Gestalttherapie hat seinen Ursprung in der Gestaltpsychologie, die sich damit beschäftigt, wie wir Menschen mit unseren Wahrnehmungen unsere Wirklichkeit in einem sehr realen Sinn selber erschaffen.

Die Gestaltpsychologie beschreibt, dass in unserer Wahrnehmung die Welt nicht als Summe von Einzeleindrücken erlebt wird, sondern in geordneten Ganzheiten, in so bezeichneten „Gestalten“. Ein Teil des Wahrgenommenen wird in den Hintergrund zurück geschoben, während ein anderer Teil als Figur vor diesem Hintergrund hervorgehoben wird. Unsere Wahrnehmung ist dabeí flexibel. Sie kann gelenkt werden und sie ist schöpferisch. Wir sehen z.B. nicht einen Himmel übersät von Sternen, sondern wir fügen Gruppen von Sternen zu Sternbildern zusammen.

Für die Entwicklung der Gestalttherapie waren und sind neben der Gestaltpsychologie noch weitere verschiedene anthropologische, philosophische und psychologischen Strömungen bedeutend. Dazu gehören unter anderem die Gedanken des Existentialismus („Der Mensch ist nichts anderes als wozu er sich macht.“), die Gedanken Martin Bubers („Der Mensch wird am Du zum Ich.“) und die Theorie Kurt Lewins („jedes Ereignis beruht auf dem Zusammenwirken einer Vielzahl von Bedingungen“ und „jedes Verhalten ist … allein vom psychologischen Feld zu dieser Zeit abhängig.“)